Fashion Revolution Week 2017

Stoffe färben

Am 24.04. war es vier Jahre her, dass eine Textilfabrik in Bangladesh einstürzte und über 1100 Menschen das Leben kostete. Über 2400 weitere wurden verletzt. Das ist die Bevölkerung einer kleinen Stadt. Über 3500 Menschen, welche direkt von dem Unglück getroffen waren – von den vielen Angehörigen, den Familien, deren Leben sich dadurch einschneidend änderte, reden wir hier noch gar nicht. Die große Industrie versprach, die Zustände zu ändern, hat jedoch vielfach nicht Wort gehalten – wie so oft… Denn für die Konzerne ist ein Menschenleben nun mal nichts wert und es zählt nur der Profit.

Ich will mich hier aber gar nicht lange aufhalten, mit dem Berichten über die katastrophalen Zustände in der Textilindustrie in Asien/Billiglohnländern. Fakt ist nach wie vor, dass abertausende Menschen gnadenlos ausgebeutet werden um unseren „Bedarf“ an immer noch günstigeren Textilien zu decken. Das fängt bei der Anzucht/Herstellung der Rohstoffe an und hört erst auf, wenn wir die Einzelteile zu einem Spottpreis in unseren Händen halten.

Ich möchte euch davon erzählen, welche Alternativen ich für mich entdeckt habe, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Was können wir schon tun…?

Diese Frage hören wir gerne, wenn wir uns mit Mitmenschen über ungerechte, umweltzerstörende oder unmenschliche Zustände unterhalten. Tatsache ist, dass wir jede Menge tun können und es freut mich, zu bemerken, dass der Kreis der Leute, welche hinterfragen, stetig wächst. Wir wollen nicht mehr hinnehmen, von einer skrupellosen Industrie diktiert zu werden…und das ist gut. Es existieren bereits zahlreiche Möglichkeiten, die es uns leicht machen, den Anfang zu einem bewussteren Umgang mit Textilien zu finden.

Angefangen von bewusster Kaufentscheidung (BRAUCHE ich wirklich neue Sachen…und WO kaufe ich diese…WER macht meine Kleidung #whomademyclothes ??) über Kleider-Kreisel, Kleider-Tausch-Partys (was mir nicht mehr gefällt, gefällt jemand anderem vielleicht super…), Weitergeben – ob im Bekanntenkreis oder an soziale Einrichtungen – (selten werden unsere Klamotten/Textilien aufgetragen – aber Vorsicht! vor den Alt-Kleider-Containern…dahinter verbirgt sich oft nur ein Millionengeschäft der Betreiber), Reparieren (nur, weil die Hose/der Kopfkissenbezug ein Loch hat, muss das Teil noch lange nicht zum Müll), bis hin zum Selbermachen…und hier kommen wir nun in das Fahrwasser, von dem ich euch gerne mehr erzählen möchte.

Selbermachen – DIE Alternative?

Erst mal ja… Denn Selbermachen hat viele positive Seiten. Ich kann meine Klamotten quasi „maßschneidern“ oder „maß-aufpeppen“ und tolle Unikate herstellen, oder meine Wohnaccessoires genau auf meine Einrichtung abstimmen…und das Gefühl, etwas Selbstgemachtes zu tragen oder in der Bude zu haben ist unbeschreiblich… Aber bei näherem Betrachten kommen auch hier leichte Zweifel, denn zum Selbernähen benötige ich ja wieder Stoffe – wo kommen die eigentlich her? Leider meistens aus ebenso unmenschlich geführten Fabriken in Asien/Billiglohnländern, wie auch die fertig genähten Klamotten/Textilien. Somit verlagere ich das Problem des „Fast Fashion“ und der damit verbundenen Ausbeutung nur ein wenig – es werden nicht mehr die Näherinnen ausgebeutet, sondern nun eben die Weberinnen und Strickerinnen…

Und jetzt?

…kann ich also gar nichts machen, um den Kreislauf zu unterbrechen?

Ich sage DOCH!

Wie wäre es denn, mal gar keine neuen Stoffe zu kaufen? Brauchen wir wirklich für all unsere Nähprojekte neue Stoffe? Die Antwort ist NEIN – wir leben in so einer Fülle von Textilien und werfen sie tonnenweise fort, obwohl sich so viele davon wunderbar weiterverwenden lassen. Ich habe schon vor Jahren beschlossen, keine neuen Stoffe mehr zu kaufen und habe das auch in meinem Bekanntenkreis geäußert. Die Reaktion war geradezu rührend. Viele meiner Bekannten haben ihren Kleiderschrank durchforstet, ausgemistet und mich gebeten, doch auszusuchen, welche Teile ich als „widerverwertbar“ brauchen könnte. Mein „Stofflager“ füllte sich rasch und bald schon musste ich aus Platzgründen weiteren Textilien-Angeboten absagen.

Es ist schier überwältigend, was man aus „alten“ Klamotten noch alles zaubern kann. Ich bin ja nicht so die „Klamotten-Näherin“ sondern eher die, die Wohnaccessoires und nette Deko oder auch kleine nützliche Sachen näht…und bin immer wieder hocherfreut, wie vielfältig das Recycling und Upcycling sein kann. Mein heimlicher Favorit sind ausrangierte Leinen-Bettlaken, oder auch Bettwäsche in Webware. Am liebsten ganz alte – denn das ist eine Qualität, die schier unverwüstlich ist…und wenn du mal nachrechnest, wieviel Quadratmeter Stoff so ein Bettlaken – oder ein Bettbezug – sind…da schlägt das Näher-Herz gleich höher…
Meist sind die alten Bettlaken/Bettbezüge weiß. Sie rufen regelrecht danach, eingefärbt zu werden…und ich kann damit eine wahrlich bunte Vielfalt zaubern.

Aaaber – es gibt es auch tolle (ausrangierte) bunte Bett- oder Tischwäsche – geblümt, gemustert, gestreift oder kariert und die lädt ebenso dazu ein, ganz tolle Nähprojekte damit zu starten.

Oft unterliegen wir nur einer Hemmschwelle, fertige Teile zu zerschneiden, um etwas Neues daraus zu machen…versuche es mal und du wirst sehen, dass es einen Heidenspaß macht und die Kreativität enorm fördert, denn manchmal muss ich Stoffe zusammensetzen, oder die Farbgestaltung neu überdenken…und dabei kommen häufig sensationelle Ergebnisse raus:

Wenn du jetzt sagst „alles schön und gut, aber ich habe nicht das Talent…ich kann nicht so gut nähen…mir fällt da nicht viel ein…“ …dann schaue doch mal in deinem Freundes-/Bekanntenkreis – da findet sich vielleicht jemand, der dich bei solchen Projekten unterstützen würde, oder dir aus deiner alten, nicht mehr tragbaren Lieblings-Klamotte ein kleines Unikat für dich/oder mit dir zusammen näht…oder weitere Ideen mit dir zusammen „ausbrütet“, wie man nachhaltiger mit Textilien umgehen kann…und was sich alles aus den „alten“ entwerfen lässt…

Fange einfach an und du wirst feststellen, es ist halb so schwer mit kleinen Schritten ein Stück in die „mit-menschen-würdige“ Richtung zu gehen…

Für welchen Weg dorthin du dich entscheidest, ob durch bewusstere Kaufentscheidungen, durch Weitergabe deiner aussortierten Textilien oder durch das Selbermachen ist letztendlich zweitrangig. Niemand kann sein Leben von heute auf morgen komplett umstellen – aber wenn jeder mit einem Stückchen anfängt und wir all unsere Ideen zusammenwerfen, dann wird sich was tun!

Wenn du gerne etwas von deinen Projekten oder Gedanken zur Fashion Revolution 2017 beitragen möchtest, dann lass gerne einen Kommentar hier – oder – mach’ doch mit und verlinke deinen Beitrag bei mamimade und gib auf diesem Weg dein Wissen, was man noch machen kann/könnte, weiter…

Herzlichst,

Beate von der Elfenidee

 

6 Meinungen zu “Fashion Revolution Week 2017

  1. Janet sagt:

    Du schreibst mir aus der Seele. Seit Jahren verwende ich nicht nur Stoffe wieder … sondern wenn alte Stücke ausrangiert werden, wird alles auf Knöpfe, Reisverschlüsse, angenähte Accessoires kontrolliert, Schnallen, Verschlüsse, Bänder, Cordeln, Spitzen … vieles kann weiterverwendet werden und geben manchmal selbst Anstoss fürs neue Projekt. Auch manche Gürtelschnalle kann als Zierde wieder dienen.

    • Beate Demhold sagt:

      liebe Janet, vielen Dank für deinen lieben und inspirierenden Kommentar ♥ Ja, es sind nicht nur die Stoffe, die sich wunderbar wiederverwerten lassen – ich habe erst vor wenigen Wochen ein altes – nicht mehr verwendbares – Vorzelt begonnen auseinander zu nehmen… was da an Ösen, Bändern und Riegeln etc. vernäht ist, ist eine wahre Pracht (von den super Reißverschlüssen reden wir noch gar nicht)… und das Fenster der “Türe” des Vorzeltes wurde schon mal eine tolle “Outdoor-Tischdecke”, so genäht, dass auch ein Windstoß sie nicht wegwehen kann ☺

  2. Sanspareil sagt:

    Da bin ich auch angekommen. Es sind so viele Arbeitsschritte notwendig bis ein fertiger Stoff entsteht. Kleidung ist als Wegwerfartikel viel zu schade. Upcycling hat viele Vorteile, viele Giftstoffe sind schon herausgewaschen, man spart Geld, die eigene Kreativität kann sich voll ausleben. Je mehr man macht um so mehr Ideen bekommt man. Ich habe deinen Beitrag in Facebook geteilt und hoffe, dass das in deinem Sinne ist. Liebe Grüße

    • Beate Demhold sagt:

      Liebe Sanspareil – Danke für deinen ausführlichen Kommentar – und ja, sicher ist das in meinem Sinne und sehr gerne darfst du meine Blogbeiträge teilen…denn, je mehr Selbermacherinnen davon erfahren, desto besser können sich solche Themen verbreiten und regen einzelne SelbermacherInnen vielleicht dazu an, selber die Dinge auszutesten (und zu merken, wie vorteilhaft gerade auch das textile Upcycling ist) Viele liebe Grüße – und ich wünsche dir einen nie endenden Ideenfluss!!

  3. mamimade sagt:

    HA! Das mit dem Leintuch/Bettlaken habe ich mir auch schon mal gedacht. Habe ein superweiches in dunkellila, das darauf wartet, verwertet zu werden! Da mach ich noch was draus, ganz sicher!
    Danke für diesen sehr inspirierenden Post. Das Färben gibt echt was her!!!
    GLG

    • Beate Demhold sagt:

      Oh, das freut mich sehr – dass ich mit meinem kleinen Beitrag ein wenig inspirieren kann… Danke für deine Rückmeldung – GLG

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